Ein Kommentar von Martin Kessler:
Es sind keine beruhigenden Bilder, die uns derzeit von der
italienischen Insel Lampedusa erreichen. Tausende von Tunesiern
suchen ihr Heil in der Flucht. Besonders betroffen ist Italien,
Lampedusa liegt gerade einmal 150 Kilometer von der tunesischen Küste
entfernt. Man kann die Flüchtlinge verstehen, die nach den
turbulenten Ereignissen in ihrem Heimatland keine Arbeit und damit
buchstäblich nichts mehr zu essen haben. In den Touristenhochburgen
herrscht Flaute, die Fabriken im Land haben die Produktion drastisch
gedrosselt. In ihrer Verzweiflung nehmen die Menschen die gefahrvolle
Fahrt über das Mittelmeer auf sich, um dem Elend zu entfliehen.
Genauso wahr ist es aber, dass professionelle Schleuser vom Chaos im
Land profitieren und die Flüchtlinge über die angeblich üppigen
Sozialsysteme in Europa belügen. Die EU-Staaten können den neuen
Strom kaum verkraften. Es wird aber nicht reichen, allein die Grenzen
abzuriegeln und Polizeikräfte in Länder wie Tunesien zu schicken.
Wichtiger ist, eine gemeinsame Initiative mit den Ländern zu starten,
die ihre Diktatoren verjagt haben. Das bedeutet freier Handel, Mittel
für die Infrastruktur und den Aufbau einer zivilen, halbwegs
effizienten Verwaltung. Wenn das nicht gelingt, wird der
Flüchtlingsstrom nicht mehr abreißen.
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