Rheinische Post: Frankreich wackelt

Ein Kommentar von Martin Kessler:

Es mag nur eine Panne gewesen sein. Aber sie hatte es in sich. Die
Rating-Agentur Standard & Poor“s hat die Kreditwürdigkeit Frankreichs
versehentlich herabgestuft. Seitdem ergehen sich französische
Regierungsvertreter in wüsten Beschimpfungen gegen die Agentur. Damit
zeigen sie aber, dass sie ein schlechteres Rating tatsächlich
befürchten. Wären die Franzosen über jeden Zweifel erhaben, würden
sie die Panne als Bagatelle abtun. Die Pariser Regierung geht
schweren Zeiten entgegen. Sie bekommt weder die Verschuldung in den
Griff, noch die Wirtschaft in Gang. Das ist bitter für die zweite
Führungsmacht in Europa. Denn in der Vergangenheit haben sich
zumindest die Top-Unternehmen des Landes in gewaltigen Schritten der
Globalisierung geöffnet. Doch der scharfe internationale Wettbewerb
hat nicht das ganze Land erfasst. Noch immer schützt Paris seine
Energie- und Raumfahrtbranche und interveniert ungeniert ins
Wirtschaftsleben. Das Land braucht einen Politikwechsel, der es für
Europa und die globalisierte Welt fit macht. Sonst fällt Frankreich
endgültig in die zweite Reihe zurück. Das wäre auch schlecht für uns.
Denn Deutschland verlöre seinen wichtigsten Partner in der EU und
beim Euro.

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