Ein wütender, von religiösen Fanatikern
aufgestachelter Mob greift westliche Botschaften in islamischen
Ländern an, aus Protest gegen ein obskures Schmähvideo. Die Empörung
über die geschmacklose Provokation kann man verstehen, die Gewalt
rechtfertigt sie nicht. Auch Muslime müssen lernen, ihre Entrüstung
anders zu artikulieren als mit blinden Angriffen auf alles, was ihnen
die Scharfmacher in den eigenen Reihen als Feindbild präsentieren.
Denn eines ist klar: Die wütenden Angriffe werden dem Ansehen des
Islam mehr schaden als das billige Internetfilmchen. Prompt melden
sich jetzt jene zu Wort, die es schon immer gewusst haben: Der Muslim
sei und bleibe dem Westen gegenüber feindlich gesonnen, gewalttätig
und im Übrigen völlig unfähig zur Demokratie. Der arabische Frühling
werde im Islamismus münden, lautet ihre düstere Prognose. Es stimmt,
in den Ländern des arabischen Frühlings ist der Herbst ausgebrochen.
Die Euphorie der Revolutionstage wurde abgelöst durch zähes Ringen um
eine neue staatliche Ordnung. Aber es wäre ein Fehler, die
Entwicklung schon abzuschreiben. Man wird Geduld haben müssen. Eines
allerdings werden die neuen Machthaber sehr schnell unter Beweis
stellen müssen: dass sie nicht nach der Pfeife von Fanatikern tanzen
und Gewalt nicht tolerieren. Das ist die Bedingung für weitere Hilfe
aus dem Westen.
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