Rheinische Post: Grausamer Iran

Die Welt hat stalinistische Schauprozesse
gesehen und Volksgerichtshöfe. Bei derartigen Tribunalen wurden
erpresste Geständnisse präsentiert, Menschen vorgeführt, erniedrigt
und zu Propagandazwecken benutzt. Die neueste und höchst moderne Form
der zynischen Zurschaustellung von Delinquenten stammt aber aus dem
Iran. Sakineh Mohammadi-Aschtiani, die wegen Ehebruchs zur Steinigung
verurteilte Iranerin, „durfte“ jetzt in einer TV-Dokumentation
mitwirken, die den angeblich von ihr verübten Mord an ihrem Gatten
belegen soll – natürlich in der Rolle der reuigen Täterin. Man kann
nur ahnen, mit welchen Drohungen oder Versprechungen man die Frau
dazu gebracht hat, bei dieser makabren Inszenierung mitzuspielen, die
allen rechtsstaatlichen Grundsätzen Hohn spricht. Aber es geht ja
auch gar nicht um Gerechtigkeit. Es geht darum, dass ein Regime mit
einem Menschen spielt, ihn benutzt. Immerhin: Offenbar sieht man in
Teheran die Notwendigkeit, das eigene Vorgehen gegenüber der Welt zu
„verkaufen“. Ob dieser Umstand die Beschuldigte zu retten vermag,
oder ob sie am Ende einfach nur gehängt statt gesteinigt wird, das
kann heute niemand sagen. Selbst das gehört zu diesem grausamen
Spiel.

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