Ein Kommentar von Michael Bröcker:
Die Vorstellung Karl-Theodor zu Guttenbergs, mit dem Interviewbuch
einen Schritt der politischen Rehabilitation zu gehen, ist, um ein
früheres Wort Guttenbergs zu nutzen, abstrus. Die Wiedergutmachung
ist misslungen. Das Interview ist kein Zeugnis ehrlicher Reue, kein
Dokument des Nachdenkens und Sich-Hinterfragens. Es ist eine
Rechtfertigungsrede. Die Selbsttäuschung des Freiherrn geht so weit,
dass er Autoren, deren Passagen er geklaut hat, vorwirft, selbst
nicht sauber gearbeitet zu haben. Wie schwer muss diesem Mann Demut
fallen? Warum taucht Guttenberg nicht einfach zwei Jahre ab, verfasst
eine neue, seriöse Doktorarbeit und kehrt mit neuem Anspruch zurück?
Maß und Moral hatte Guttenberg stets der Politik empfohlen. Er selbst
kennt dies nicht: Vorwürfe gegen die Ex-Kollegen, Attacken gegen die
Uni, Selbstbeweihräucherung gepaart mit künstlich wirkender
Selbstgeißelung. Guttenbergs Inszenierung als Anti-Establishment-Mann
und sein Kokettieren mit einer neuen Partei trägt darüber hinaus
sarrazinsche Züge und ist schwer erträglich. Dem politischen Berlin
ist zu wünschen, dass bald wieder ein junger, eleganter und
aufrichtiger Typ auf der Bühne erscheint, der die Menschen
fasziniert, Neugierde auf Politik weckt und Klartext redet, wo
Politiker Phrasen dreschen. Karl-Theodor zu Guttenberg ist nicht
dieser Mann.
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2303