Kommentar von Martin Kessler
Nun hat es Bundespräsident Christian Wulff amtlich. Die
Staatsanwaltschaft beantragt die Aufhebung seiner Immunität – ein
ungeheuerlicher Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik.
Natürlich gilt die Unschuldsvermutung. Aber nun hat der
Bundespräsident einen Gegner, dem er nicht mehr durch geschickte
Manöver und Erklärungen ausweichen kann. Aus den Akten, die bei
Wulffs Sprecher beschlagnahmt wurden, lässt sich offenbar auch ein
Anfangsverdacht gegen den Bundespräsidenten selbst herauslesen. Mit
dem Antrag auf Immunitätsaufhebung erreicht die Affäre Wulff eine
neue Qualität. In solchen Fällen ist es üblich, dass Politiker ihr
Amt ruhen lassen oder zurücktreten, um sich ganz auf ihre
Verteidigung zu konzentrieren. Wie Wulff entscheidet, wird nicht
zuletzt vom Votum des Bundestags abhängen. Wenn der die Immunität
aufhebt, wird es sehr eng für den Bundespräsidenten. Wulff ist im
politischen Kampf groß geworden. Die Vorwürfe der Medien hat er
bislang pariert, wenn auch zuletzt die Durchschlagskraft nachließ.
Vor allem, seit es um die vom Filmunternehmer David Groenewold
bezahlten Hotelrechnungen für Wulff geht. Denn dieser Geschäftsmann
hat eine millionenschwere Bürgschaft des Landes Niedersachsen
erhalten. Und dessen Ministerpräsident war Wulff.
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