Rheinische Post: Kommentar: Atomkraft: Panik statt Politik

Nach der Katastrophe in Japan ist auch die
Verunsicherung der Menschen in Deutschland groß. Jetzt wäre ruhige
Aufklärung gefragt. Statt dessen schürt die Bundesregierung die
Verunsicherung. Sie stoppt nicht nur die Verlängerung der Laufzeiten,
sondern nimmt gleich sieben Meiler vom Netz, obwohl sich die Fakten
für Deutschland nicht geändert haben. Die Wahrscheinlichkeit eines
Tsunamis in Biblis ist durch Japans Desaster nicht größer geworden.
Daher ist auch die rechtliche Grundlage für die Sofortabschaltung
dünn. Umweltminister Röttgen verweist auf das Atomgesetz, wonach die
Regierung bei Gefahr für Leib und Leben die Abschaltung erzwingen
darf. Seltsam, wieso war erst vor kurzem eine Verlängerung der
Laufzeiten unbedenklich? Die Energiebranche tut der Regierung nun den
Gefallen und schaltet die Meiler freiwillig ab. So leicht wird der
Umstieg auf eine Welt ohne Atomkraft nicht werden. Nicht nur, weil
die Konzerne sich die Aufkündigung geltender Verträge teuer abkaufen
lassen werden. Sondern auch, weil Deutschland auf grünen Strom im
großen Stil nicht vorbereitet ist. Wir haben dafür weder Netz noch
Speicher. Zudem sind die Bürger gegen neue Masten, gegen neue
Kohlekraftwerke, gegen steigende Strompreise. Statt Panikmache
bräuchte Deutschland mehr Ehrlichkeit. Vor den Landtagswahlen ist das
nicht zu erwarten.

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