Rheinische Post: Kommentar: Das Volk versteht die Banken nicht

Was die aktuelle Anti-Banken-Bewegung von der
Kapitalismus-Kritik der vergangenen 200 Jahre unterscheidet: Sie ist
nicht typisch links. Sie findet in sämtlichen gesellschaftlichen
Schichten und politischen Lagern Anhänger. Aus den Forderungen der
neuen Bewegung lässt sich der Grund dafür nicht ablesen. Sie sind
diffus. Erkennbar ist nur das Unbehagen gegenüber einer Politik, die
ständig mit Millarden-Bürgschaften Banken rettet, obwohl der Staat
seinen eigenen Pflichten kaum noch nachkommen kann. Begründung: Sonst
kollabiert die Wirtschaft. Aber der bloße Hinweis auf die
„Systemrelevanz“ von Banken reicht eben nicht. Die Bürger wollen
genauer verstehen, welche Bank warum zu welchem Preis gerettet wird.
Sie wollen mitreden. Und mitentscheiden. Da liegt das Problem: In der
rasenden Globalisierung wurde das Banken-Geschäft so kompliziert,
dass sogar manche Bank den Überblick verloren hat. Insofern spiegeln
die Bankenproteste ein Kernproblem moderner Demokratien: In einer
immer komplizierteren Welt muss die Politik immer öfter kaum
kalkulierbare und erst recht kaum kommunizierbare Entscheidungen
treffen. Trotzdem soll das Volk bei Wahlen entscheiden. Bankenkrise
und Eurokrise sind auch Kommunikationskrisen, in denen der Keim einer
Demokratiekrise mitschwingt.

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