Rheinische Post: Kommentar / Hohe Kunst des Rücktritts = Von Gianni Costa

Man muss schon eine Weile suchen, um Beispiele
für ein gelungenes Aufhören zu finden. Die meisten halten solange an
Amt und Würden fest, bis sie es irgendwann nicht mehr selbst in der
Hand haben, stilvoll abzutreten. Diese Stück-für-Stück-Demontagen
sind besonders schmerzlich, weil sie einst so starke Kräfte als
Gestalten demaskieren, die sich hilflos an die Macht klammern, die
ihnen längst genommen wurde. Philipp Lahm hat genau den richtigen
Zeitpunkt gewählt, um aus der Fußball-Nationalmannschaft
zurückzutreten. Weltmeister werden auf dem Platz gekürt, sie müssen
sich aber außerhalb auch als solche beweisen. Der Münchner hat in
seiner Karriere stets kalkuliert gehandelt. Bei dieser WM hat er
vorgeführt bekommen, dass so große Spielerpersönlichkeiten wie
Italiens Andrea Pirlo und der Spanier Xavi den Absprung verpasst
haben und sang- und klanglos in der Vorrunde gescheitert sind. Lahm
ist ein Mutmacher. Man kann durch Loslassen gewinnen. Ein wichtiges
Signal für alle Lebensbereiche. Ganz schön groß vom Kleinen.

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