Rheinische Post: Kommentar: Operation Turbo-Abitur

Sollte dereinst ein schlauer Kopf auf die Idee
kommen, ein Buch über vermurkste Bildungs-Großprojekte zu schreiben,
dann gebührte der Verkürzung der Gymnasialzeit auf acht Jahre,
landläufig Turbo-Abitur, darin ein Ehrenplatz. Zu schnell eingeführt,
schlecht vorbereitet, teilweise in aller Hast korrigiert – setzen,
sechs. Handlungsbedarf besteht beim Turbo-Abitur weiterhin; Lehrer,
Eltern und Schüler beklagen ihre Überlastung nicht aus Faulheit. Das
haben glücklicherweise alle Beteiligten verstanden. Entlastung muss
also sein; Philologenverband und Bildungsgewerkschaft in NRW haben
recht. Fraglich ist, ob man, wie ebenfalls vorgeschlagen, gleich bei
der Zahl der Klassenarbeiten ansetzen muss. Das wäre eine weitere
Operation am offenen Herzen. Sollen an Gymnasien künftig weniger
Arbeiten geschrieben werden als an Gesamtschulen? Qualitätssicherung
muss Vorrang haben. Wie es nicht geht, hat ausgerechnet Bayern
vorgeführt, als es 2011 angesichts vielfältiger Probleme der
angehenden Turbo-Abiturienten einfach die Prüfungsanforderungen
senkte. Eine Verkürzung der Prüfungen ist dagegen ein interessanter
Vorschlag. Der Löwenanteil der Entlastung muss aber über die
Organisation erreicht werden – Stichwort: mehr Ganztag. Es gibt noch
genug Möglichkeiten zur Verbesserung, ohne dass man gleich
Klassenarbeiten streichen müsste.

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