Rheinische Post: Kommentar: Rating-Eifer

Offenbar in letzter Minute sind die
EU-Kommissare ihrem Kollegen Michel Barnier gestern in den Arm
gefallen und haben seine radikalen Pläne für die Entmachtung der
Rating-Agenturen gestoppt. Das ist eine gute Nachricht für Europa.
Barnier wollte den Rating-Agenturen verbieten, dass sie die Noten für
die Kreditwürdigkeit von angeschlagenen Schulden-Staaten
veröffentlichen. Der Binnenmarkt-Kommissar hat es durchaus gut
gemeint: Tatsächlich haben die mächtigen Kreditwächter viele Fehler
gemacht. Die Finanzkrise 2007 sahen sie nicht kommen, in den
vergangenen Monaten überboten sie sich in der Abwertung von
verschuldeten Euro-Ländern. Und vor wenigen Tagen blamierte sich die
Agentur Standard & Poor“s, als sie eine Falschmeldung zu Frankreich
herausschickte. Es gibt also gute Gründe, die großen Drei (Standard &
Poor“s, Moody“s, Fitch) durch mehr Konkurrenz zu besserer Arbeit zu
zwingen. Keinen Sinn aber macht es, Ratingnoten ganz zu verbieten. Am
Ende sind die Kreditwächter nur die Überbringer schlechter
Nachrichten. Das eigentliche Problem sind Staaten, die sich
hemmungslos verschuldet haben und jetzt – wie Italien – noch immer
nicht recht sparen wollen. Hier muss man ansetzen.

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