Rheinische Post: Kommentar: Steuersünder in der Defensive

Jahrzehntelang mussten die Steuerbehörden
ohnmächtig zusehen, wie vermögende Deutsche ihr Geld am Fiskus vorbei
in die Schweiz und andere Steueroasen schleusten. Mit dem staatlichen
Ankauf von CDs, die sensible Daten der Steuerflüchtlinge enthalten,
ist damit Schluss. Das wirksame Mittel gegen Steuerhinterziehung
birgt aber ein Dilemma. Es zerstört das rechtlich garantierte
Vertrauensverhältnis zwischen Bankkunden und Geldinstitut in der
Schweiz. Die deutschen Steuerfahnder stören das Rechtsstaatsgefüge im
Alpenland, indem sie Untreue belohnen. Allerdings hat die Schweiz
über lange Jahre sich auch nicht um die Störung der
Rechtsstaatlichkeit in Deutschland gekümmert, als die Steuerflucht
fast zum Volkssport der Betuchten ausartete. Deshalb fühlt sich der
deutsche Fiskus im Recht, wenn er sich Steuerdaten über den Verrat
des Bankgeheimnisses besorgt. Nach deutschem Recht ist das möglich,
wenn keine Anstiftung vorliegt. Das Dilemma ist nur zu überwinden,
wenn sich Deutschland und die Schweiz, beides Rechtsstaaten, auf den
Abschluss eines Steuerabkommens verständigen, das die Steuerflucht
unattraktiv macht und für eine Nachbesteuerung der Schwarzgelder
sorgt. Das ist bisher nicht der Fall. Und deshalb ist der Ankauf der
Steuer-CDs trotz aller Bedenken rechtens.

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