Rheinische Post: Kommentar: Straßen-Kampf

Wer schon einmal auf den Straßen von Neu Delhi
unterwegs war, weiß, dass dort selbst dem Chaos eine gewisse Ordnung
innewohnt. Indische Verkehrsteilnehmer, vom Rikscha- bis zum
Lkw-Fahrer, leben nach dem Grundsatz: Was nützt eine Regel, wenn sich
niemand daran hält? Hierzulande gelingt es einem komplexen
Verkehrsregelwerk nicht, das Miteinander auf der Straße spannungsfrei
zu gestalten. Weil im Gegensatz zu Indien eine entscheidende
Komponente fehlt: Toleranz. Insofern liegt Verkehrsminister Ramsauer,
wenn er von einer „Verrohung der Kampfradler“ spricht, nicht ganz
verkehrt. Jeder kennt die Art von Radfahrern, die sich auf dem Velo
im rechtsfreien Raum wähnen. Allerdings gilt das genauso für
„Kampfbiker“, „Kampfautofahrer“ und „Kampftrucker“. Nicht mangelnde
Moral einiger Radler ist das gravierendste Problem auf deutschen
Straßen, sondern fehlende Rücksichtnahme sowie aggressives Verhalten.
Daran würde auch die Reanimation des „7. Sinn“ wenig ändern – eine
weitere Ramsauer-Idee. Verkehrserziehung ist eine Mentalitätsfrage.
Wer hier nachhaltig das Verkehrsverhalten verändern will, muss
strengere Regeln setzen. Etwa ein Tempolimit oder höhere Bußgelder –
auch für Radfahrer.

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