Von Eva Quadbeck
Auf der Zielgeraden des langen Laufs zu einer neuen Regierung hat
Kanzlerin Merkel ihren neuen Koalitionspartnern die Show gestohlen:
Mit der Entscheidung, Ursula von der Leyen zur ersten
Verteidigungsministerin Deutschlands zu machen, beweist Merkel
beiläufig ihre Souveränität und die Modernität ihrer Partei. Für von
der Leyen ist das neue Amt die große Chance, sich als Merkels
Nachfolgerin aufzubauen. Gelingt es der ehrgeizigen Niedersächsin,
sich auf dem Schleudersitz zu halten, dann könnte sie nach der ersten
Verteidigungsministerin die zweite Kanzlerin der Republik werden.
Merkel wiederum würde damit das Kunststück vollbringen, dass ein
Kanzler erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik seine eigene
Nachfolge geordnet organisiert. So mächtig waren die Frauen in einer
deutschen Regierung noch nie. Verfängt sich von der Leyen jedoch in
den Fallstricken des Verteidigungsministeriums, dann wird es ihr auch
nicht besser ergehen als ihren vielen glücklosen männlichen
Vorgängern. Der neue Glamour von Merkels Personalpolitik überdeckt,
dass die Union für das Bündnis mit der SPD einen hohen Preis zahlt.
Der Koalitionsvertrag trägt eine starke SPD-Handschrift, die eine
sozialdemokratische Regierung mit bürgerlichem Image erwarten lässt.
Für die CDU besteht die Herausforderung darin, aus ihren Ministerien
die Zukunftsressorts zu zimmern. Mit einem breit aufgestellten
Innenministerium, Bildung und einem Gesundheitsressort, das den
demografischen Wandel im Blick hat, kann das gelingen. Als Fehler
wird sich wohl erweisen, dass die Union mit der Abgabe des
Familienministeriums ihren gesellschaftspolitischen Anspruch
preisgibt. Die CSU hat in der Regierung an Gewicht verloren. Die
Hoffnung liegt allein auf dem bisherigen Generalsekretär Alexander
Dobrindt, der als Verantwortlicher für Verkehr und Digitales das Bild
des modernen Bayern mit Laptop und Lederhose in Berlin vertreten
soll. Das wichtige Projekt der Energiewende liegt mit dem
Super-Ministerium für Wirtschaft und Energie sowie dem
Umweltministerium in den Händen der Sozialdemokraten. Ob dies für
Gabriel den erhofften strategischen Vorteil bringt, wird sich in
mühsamen Verhandlungen mit den rot-grün geführten Bundesländern über
die Energiewende erweisen. Über das Arbeits- und Sozialministerium
hat die SPD die Chance, mit Rentengeschenken und dem Mindestlohn
Punkte in der Bevölkerung zu sammeln und Boden bei ihren weiter
schlechten Umfragewerten wett zu machen.
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