Rheinische Post: Obama knickt ein

Ein Kommentar von Matthias Beermann:

Der amerikanische Präsident ist der mächtigste Mann der Welt. Aber
das heißt noch gar nichts. Diese Erfahrung musste Barack Obama jetzt
wieder einmal machen. Mit seiner Entscheidung, die Militärtribunale
im umstrittenen Gefangenenlager Guantanamo weiterarbeiten zu lassen,
bricht er ein klares Wahlversprechen. Das ist deswegen von so großer
Bedeutung, weil er die Schließung von Guantanamo selbst zu einem
Prüfstein für eine politisch-moralische Wende und eine Abkehr von der
Bush-Ära stilisiert hatte. Obama hat seit dem Amtsantritt schon viel
Wasser in seinen Wein gießen müssen, doch noch nie dürfte ihm das so
schwer gefallen sein. Denn er hat ja durchaus versucht, den
Schandfleck Guantanamo, der dem Ruf der USA in der Welt so sehr
geschadet hat, zu tilgen. Er ist daran gescheitert, dass seine
Landsleute irgendwann das Interesse an dem Thema verloren haben. Der
US-Kongress tat alles, um die geplanten Zivilprozesse gegen die
Verschwörer des 11. September auf amerikanischem Boden zu verhindern.
Prompt zeigten sich auch die Verbündeten nicht gerade begierig,
Guantanamo-Häftlinge bei sich aufzunehmen. Das kann man Obama kaum
vorwerfen, sehr wohl aber seine politische Naivität.

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