Rheinische Post: Putins enge Welt

Ein Kommentar von Matthias Beermann:

Der machtvolle „Marsch der Millionen“, mit dem Putins Gegner
gestern erneut gegen die Herrschaft des Kreml-Fürsten protestieren
wollten, geriet zu einer eher bescheidenen Demonstration. Angesichts
der ruppigen Einschüchterungsversuche, die es im Vorfeld gegeben
hatte, war es trotzdem ein Warnsignal für den Dauer-Präsidenten: Das
Heer der Unzufriedenen wächst in Russland. Noch steht zweifellos eine
Mehrheit der Russen hinter Putin, auch mangels ernsthafter
politischer Alternativen. Noch hält man dem ehemaligen
Geheimdienstler zugute, dass er das Land mit harter Hand aus dem
Chaos der 90er Jahre geführt hat. Doch immer deutlicher zeigt sich,
dass Putins Politik jede Vision vermissen lässt. Innenpolitisch geht
es ihm vorwiegend um Machtsicherung; außenpolitisch positioniert er
sein Land weiter als grimmige Großmacht. Russland hat ein enormes
Potenzial, doch um es auszuschöpfen, müsste Putin aus seiner engen
Welt ausbrechen und die Probleme angehen. Der Staat ist ineffizient,
die Verwaltung von Korruption durchsetzt, die Wirtschaft kaum
wettbewerbsfähig. Putin weiß das, aber statt auf entschlossene
Reformen setzt er auf politische Kraftmeierei. Kein Wunder, dass
immer mehr Russen sich von ihm abkehren.

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