Rheinische Post: Schavans Fall könnte ein Fall Merkel werden = Von Sven Gösmann

Wohl kein Bild der Bundesbildungsministerin
Annette Schavan ist den Deutschen mehr in Erinnerung geblieben als
jenes, auf dem Kanzlerin Angela Merkel ihr am Rande der Computermesse
Cebit 2011 in Hannover das Handy mit der Nachricht des
Guttenberg-Rücktritts überreichte. Über Schavans Gesicht huschte ein
zufriedenes Lächeln. Zuvor hatte sie den Sturz des Freiherrn
maßgeblich mit dem Satz befördert, sie schäme sich nicht nur heimlich
für dessen falsche Doktorspiele. Dieser Satz und dieses Bild holen
Annette Schavan in der Debatte um ihre Doktorarbeit ein. Ihr Fall ist
mit dem Guttenbergs bedingt vergleichbar, doch die Messlatte in
Fragen wissenschaftlicher Ethik liegt für eine Bildungsministerin
noch einmal höher als für einen Verteidigungsminister. Das weiß bei
aller Sympathie für ihre Vertraute auch die Kanzlerin, die Schavan
noch vor dem Wochenende persönlich empfängt. Um ihre
wissenschaftliche und persönliche Reputation wird Schavan vor Gericht
kämpfen können, den politischen Kampf jedoch hat sie verloren. Im
Wahljahr wird sie zur Belastung für die Regierung. Kann, will und
wird das schwächelnde schwarz-gelbe Lager sie durchschleppen? Wohl
kaum.

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