Ein Kommentar von Gregor Mayntz:
Wieder werden wir uns an einen neuen Namen gewöhnen: Nach der
„Gauck-Behörde“ kam die „Birthler-Behörde“. Ab Montag haben wir die
„Jahn-Behörde“. Wird der ehemalige Bürgerrechtler Roland Jahn
derjenige sein, der bei der Stasi-Unterlagenbehörde das Licht
ausmacht? Es laufen Bestrebungen, Jahrzehnte nach Ende der
Stasi-Herrschaft den Sonderstatus abzuschaffen und die Akten ins
Bundesarchiv einzugliedern. Dort stünden sie neben den sonstigen
Spuren des DDR-Regimes. Ein solcher Schritt wäre eindeutig verfrüht,
ja angesichts wachsender Nostalgie und Verharmlosungen der
Stasi-Verbrechen genau das falsche Signal. Erst am vergangenen
Wochenende marschierten DDR-Sympathisanten in NVA-Uniform durch den
Ostberliner Tiergarten. Die kameradschaftlichen Seilschaften
funktionieren und können quasi auf Knopfdruck Geschichtsklitterung
generieren, wo immer es um die Deutungshoheit über die
DDR-Vergangenheit geht. Wie gut, dass sich vergangenes Jahr 87 000
Menschen ihr eigenes Bild machen wollten – insgesamt waren es nun 1,7
Millionen. Marianne Birthler hat recht: „Vor dem Verzeihen steht die
Wahrheit.“ Und solange die massiv verdrängt werden soll, brauchen wir
die Stasi-Unterlagenbehörde.
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