Rheinische Post: Stuttgart 21 – der Bahnhof der Politiker = Von Klaus Peter Kühn

Die Bahn ist keine Aktiengesellschaft wie jede
andere. Der Bund als alleiniger Eigentümer hat gestern für Stuttgart
21 die Weichen vor allem nach politischen Gesichtspunkten gestellt:
Nur einmal angenommen, die Bahn hätte den Abbruch des Projekts
verkündet – der erste grüne Ministerpräsident hätte triumphieren
können. Er verdankt sein Amt nicht zuletzt dem Widerstand gegen den
Tiefbahnhof. Das wäre im Wahljahr kein gutes Signal für die Regierung
Merkel gewesen. Die Kanzlerin ist eine entschiedene Befürworterin von
Stuttgart 21. Sie will nicht hinnehmen, dass sich Deutschland immer
öfter als Standort erweist, in dem Großprojekte scheitern. Dem
Steuerzahler wird der gestrige Tag teuer zu stehen kommen. Denn wer
kann im Ernst glauben, dass es bei den zwei Milliarden Euro
Mehrkosten bleiben wird? Schon jetzt ist von der Verschiebung des
Eröffnungstermins die Rede – der Berliner Flughafen lässt grüßen.
Jedes weitere Jahr Bauzeit kostet horrende Summen, von den – auch
finanziellen – Risiken des Tunnelbaus ganz zu schweigen. Ein Abbruch
des Projekts zum jetzigen Zeitpunkt wäre die bessere Entscheidung
gewesen – für die Wahlkämpferin Merkel aber wohl ein Ausstieg zu
viel.

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