Rheinische Post: Taktierer in Athen = Von Martin Kessler

Vom Umgang der Griechen mit der Euro-Krise sind
die Partner einiges gewohnt. Dass aber die Spitzenpolitiker in Athen
13 Stunden benötigen, um sich bei 350 Milliarden Euro Schulden über
ein Sparpaket von 3,1 Milliarden Euro zu einigen, ist ohne Beispiel.
Im Endeffekt sind die Griechen nicht einmal bereit, ihre Rentner
nennenswert zur Kasse zu bitten: Von den dort geplanten 300 Millionen
an Einsparung sind lediglich 100 Millionen übrig geblieben. Die
wichtigsten griechischen Parteichefs, die eine äußerst labile
Koalitionsregierung bilden, sind längst im Wahlkampf. Und da will
sich keiner das unpopuläre Sparpaket anhängen lassen. Wer also am
geschicktesten vermitteln kann, dass er mit der harschen
Stabilisierungspolitik nichts am Hut hat, dürfte beim nächsten
Urnengang als Sieger hervorgehen. Da stehen sich die Konservativen um
den unberechenbaren Antonis Samaras und die Sozialisten unter dem
zögerlichen Finanzminister Evangelos Venizelos in nichts nach. Was
können die Geberländer daraus lernen? Am besten wäre es, den Griechen
ein festes, unveränderliches Hilfspaket unter klaren Bedingungen
anzubieten. Dann sollen sie selbst entscheiden, ob sie die Hilfe
annehmen oder besser Insolvenz anmelden.

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