Ein Kommentar von Helmut Michelis:
Der Mord an dem einflussreichen Halbbruder von Präsident Hamid
Karsai konterkariert einmal mehr die Aussagen westlicher Politiker,
die Sicherheitslage in Afghanistan verbessere sich zunehmend. Ahmed
Wali Karsai war einer jener mächtigen, aber schillernden
Strippenzieher im Land, die viele Feinde haben. Auch in
Drogengeschäfte soll er verwickelt gewesen sein. Ähnlich wie bei dem
Anschlag auf den Polizeichef von Kundus, bei dem ein deutscher
General verletzt wurde, müssen zwar nicht zwingend die Taliban hinter
dem jüngsten Mord stecken, auch wenn sie sich mit der Tat brüsten.
Aber es spricht viel dafür, dass die Islamisten tatsächlich ihre
Taktik geändert haben und nun versuchen, einflussreiche einheimische
Politiker auszuschalten. Das mutet auf den ersten Blick unklug an,
könnte es doch die Übergabe der Sicherheitsverantwortung bis 2014
verzögern. Doch wollen die Terroristen vermutlich alle Kräfte
ausschalten, die nach dem Nato-Abzug fähig wären, die Ordnung in
Afghanistan aufrechtzuerhalten. Dass den Islamisten dies immer wieder
gelingt, ist ein schlechtes Zeichen. Trotzdem ziehen die Nato-Staaten
bereits unbeirrt ihre ersten Truppen ab. Das riecht nach Irak: Die
Lage wird schöngeredet, das Land dem Chaos überlassen.
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