Rheinische Post: Terror in Grosny

Kommentar Von Doris Heimann

Der Überfall auf das Parlament in Grosny zeigt,
dass der kremltreue Republik-Chef Ramsan Kadyrow die Situation in
Tschetschenien immer weniger im Griff hat. Damit droht Moskaus
Strategie zu scheitern, die Unruheprovinz durch die Übertragung der
Kontrolle auf örtliche Verbündete zu stabilisieren. Zunächst schien
das Konzept aufzugehen. Menschenrechtsorganisationen allerdings
prangerten immer wieder an, dass es unter Kadyrows autoritärem Regime
zu Entführungen, Folterungen und Morden an politischen Gegnern kam.
Das war der grausame Preis für die Stabilität – so schien es. Die
beiden Grundübel der Kaukasus-Region aber blieben: Armut und
Arbeitslosigkeit. Die Rebellen, die vor dem wachsenden Druck aus
Tschetschenien in die Nachbarrepubliken Dagestan und Inguschetien
ausgewichen sind, erhalten immer stärkeren Zulauf von frustrierten
jungen Leuten, die sich von islamistischen Parolen angezogen fühlen.
Langfristig fehlt der russischen Führung eine Strategie zur
Befriedung des Kaukasus. Zu machen wäre das nur mit mehr
Mitbestimmung und aktiver Beteiligung der Bürger an politischen
Prozessen. Doch das kann und will der Kreml in Russland nicht
zulassen – und schon gar nicht in Tschetschenien.

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