Rheinische Post: Verpatzter Neustart

von Maximilian Plück

Angekündigt war der Grünen-Parteitag im Berliner Velodrom als
große Aufarbeitung der 8,4-Prozent-Schlappe bei der Bundestagswahl.
Doch statt einer echten Analyse reichte es allenfalls zu einer
öffentlichen Zurschaustellung grüner Bitterkeit. Der Wähler sei mit
dem Steuerkonzept überfordert worden, sagte etwa Grünen-Chef Cem
Özdemir – und verkennt dabei, dass der Absturz wohl weniger am
mangelnden Verständnis des Bürgers lag, sondern vielmehr an den
Schwächen der Pläne selbst. Auf die Idee, dass
Steuererhöhungs-Festspiele trotz Rekord-Staatseinnahmen falsch sein
könnten, kommt die Mehrheit der Grünen immer noch nicht. Ein
Realo-Antrag, der die geforderte Steuerpolitik als Fehler
bezeichnete, scheiterte am linken Flügel. Nur einige wenige Realos
wie der Baden-Württemberger Winfried Kretschmann scheinen sich noch
eine selbstkritische Haltung bewahrt zu haben: Die Partei sei aus der
Spur geraten, schimpfte Kretschmann und forderte ein stärkeres
Zugehen auf die Wirtschaft. Dass die Grünen dies tun, ist angesichts
der Signale des Parteitags aber unwahrscheinlich.

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