Rheinische Post: Was Lampedusa lehrt = Von Helmut Michelis

Noch löst das jüngste Flüchtlingsdrama vor
Lampedusa allgemeine Betroffenheit aus. Doch bald wird es vergessen
oder verdrängt sein – so wie die vielen anderen großen und kleinen
Tragödien, die sich seit Jahren auf dem Mittelmeer ereignen. Den
Wünschen, Appellen und Forderungen müssen deshalb endlich Taten
folgen, wobei dazu Ehrlichkeit gehört: das bittere Eingeständnis,
dass es einfache Lösungen leider nicht gibt. Eine Lockerung der
Asylbestimmungen wird günstigstenfalls Tausenden helfen. Doch
weltweit sind geschätzt 45 Millionen Verzweifelte vor politischer
Verfolgung, Terror, Hunger oder bitterer Armut auf der Flucht – eine
neue Völkerwanderung, bei der Wegsehen der schlechteste Weg ist, weil
es am Ende allen schadet. Es bedarf fast übermenschlicher
Anstrengungen, in diesen Dimensionen zu helfen. Die Europäische
Gemeinschaft kann das nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung
schaffen, eine sinnvolle Entwicklungshilfe und Sozialprogramme in den
Herkunftsländern gehören dazu. Das Drama von Lampedusa ist vielleicht
der nötige Weckruf. Die Zeit drängt.

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