Rheinische Post: Wulff findet
seine Rolle

Kommentar Von Michael Bröcker

Es war eine gute Rede, die Bundespräsident
Christian Wulff als erstes deutsches Staatsoberhaupt im türkischen
Parlament gehalten hat. Wulff lobte und mahnte die Türken wie ein
väterlicher Freund, ohne dabei Arroganz zu zeigen. Aus den
Gastarbeitern seien Freunde, Nachbarn und Staatsbürger geworden.
Wulff dankte den Türken für ihren Beitrag zum
Nachkriegs-Wirtschaftswunder. Eine überfällige, versöhnliche Geste.
Weil Wulff aber gleichzeitig – wie in seiner Bremer Rede –
klarstellte, dass alle in Deutschland lebenden Türken sich an die
hiesigen Regeln und Gesetz halten müssten, wirkte das Lob nicht
anbiedernd. Und Wulff versäumte es nicht, die stolzen Türken an
schmerzhafte Themen wie die ungelöste Zypern-Frage, den Umgang mit
Armeniern und die zaghafte Israel-Politik zu erinnern. Die
Unterdrückung der christlichen Minderheit stellte Wulff indirekt als
Widerspruch zum europäischen Wertekanon dar. Und wer EU-Mitglied
werden will – dies ließ der CDU-Mann bewusst offen – muss sich dies
gefallen lassen. Wulffs besonnene Art wirkte wie ein wohltuendes
Gegenprogramm zu der heimischen Hysterie. Freundschaft beginnt mit
Vertrauen und Offenheit. Bundespräsident Christian Wulff hat mit
seiner Rede die deutsch-türkische Freundschaft gefestigt. Und seine
Rolle im Amt gefunden.

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