Rheinische Post: Zeitdruck in Athen

von Matthias Beermann

Man tut sich schwer damit, eine demokratische Wahl in Bausch und
Bogen als überflüssig zu bezeichnen. Aber die gestrige Abstimmung in
Griechenland kommt dem schon sehr nahe. Politischen Spielraum, das
stand schon vorher fest, würde der Wahlsieger nicht haben. Die
künftige griechische Regierung wird die Spar- und Reformvorgaben
ihrer Gläubiger umzusetzen haben. Sowohl Linkspremier Alexis Tsipras
als auch die konservative Opposition hatten dies im Sommer
akzeptiert, im Gegenzug für einen neuen Rettungsplan. Nun aber drängt
die Zeit. In Athen muss möglichst schnell eine neue Regierung
gebildet werden. Deren wichtigste Aufgabe ist es, einen
Nachtragshaushalt für 2015 vorzulegen und eine Finanzplanung für die
kommenden Jahre zu erarbeiten. Ohne unpopuläre Maßnahmen wird das
nicht abgehen. Deswegen sollte sich Alexis Tsipras überlegen, ob er
nicht doch eine große Koalition mit den Konservativen bilden will. Im
Wahlkampf hat er das zwar strikt abgelehnt. Aber Tsipras hat schon so
viele Versprechen nicht gehalten. Dieses Mal könnte er seinem Land
damit nutzen.

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