RNZ: Verzockt

Von Klaus Welzel

Der deutsche Staat verdammt offiziell das Glücksspiel, er will
aber zugleich daran verdienen – und beides geht nicht. Auf diesen
kurzen Nenner lässt sich das dringend notwendige Urteil des
Europäischen Gerichtshofs bringen. Und mit genau dieser Haltung haben
sich die Länder und der Bund verzockt: Einerseits die Menschen am
Spielautomaten hängen lassen und zugleich Millionen in die
Lotto-Werbung stecken – das widerspricht nun einmal der offiziellen
Begründung des staatlichen Wettmonopols, man wolle die Menschen vor
der Spielsucht schützen. Jeder weiß: Wäre das wirklich so, wären alle
Glücksspiele verboten und der Staat würde nicht klammheimlich noch
die Hand aufhalten. Ein Glücksspielverbot durchzusetzen wäre aber
ungefähr so schwierig, wie die Einführung des wöchentlichen
fernsehfreien Abends oder eines generellen Verbots von Alkohol in der
Öffentlichkeit – kurzum: die Politik muss ein neues Gesetz schreiben.
Eines, das dann aber auch Casinos und Spielautomaten umfasst. Liest
man den Richterspruch aus Luxemburg genau, so ist er letztlich ein
Appell für ein ehrlicheres Gesetz. Es besteht also kein Grund zum
Aufschrei. Im Gegenteil: Die Europa-Richter haben den Finger in eine
vorhandene Wunde des deutschen Rechtssystems gelegt. Die Heilung
freilich obliegt der hiesigen Politik.

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