Schneiden kann jeder – nur nicht so schnell

Alles hatte mit der Anfrage eines Nudelherstellers begonnen, der für seine verschleißanfällige alte Konstruktion Ersatz benötigte. Bei der alten Technik war zudem eine Steigerung der Produktionsgeschwindigkeit nicht mehr möglich. Auf der betreffenden Produktionslinie werden unter anderem Maultaschen hergestellt. Der Nudelteig wird über die komplette Produktionsbreite ausgerollt und je nach Maultaschengröße in vier bis sechs Bahnen geschnitten. Auf diese Teigbahnen kommt dann die Füllung, bevor die Ränder vollautomatisch umgeklappt werden. Dann wird es kritisch: Die gefüllten Nudelbänder werden in die einzelnen Maultaschen geschnitten, gleichzeitig müssen Anfang und Ende jeder einzelnen gefüllten Nudel so verschlossen werden, dass keine Füllung austritt und sie gekocht werden können. Das war der bisherige Schwachpunkt bei der Produktion, denn es kam immer wieder zu nicht richtig verschlossenen Nudeln. Dadurch entstand ein relativ hoher Ausschuss, der aufwändig per Hand aussortiert werden musste. Zudem waren der Produktionsgeschwindigkeit deutliche Grenzen gesetzt, denn ein Messer hat bis dato fallend die vorbeiziehenden Teigbahnen geschnitten. Da das Band mit den Teigbahnen auch beim Schneidevorgang ununterbrochen weiterläuft wird für Bruchteile von Sekunden der Teig gegen das Messer geschoben. Hierbei verformt er sich oder bleibt bei höherem Tempo am Messer hängen und wird bei dessen Aufwärtsbewegung mit hochgerissen. In diesem Fall konnten die Maultaschen nicht richtig verschlossen werden und es entstand Ausschuss. Deshalb begrenze allein das Schneiden das Produktionstempo deutlich.

Genau hier hat das Team von König mit der Neukonstruktion angesetzt. Die Idee: fahrend schneiden. So bewegt sich bei dem Prototyp der neuen Schneidemaschine das Messer im Tempo des Bandes mit, so dass die gefüllten Teigbänder beim Schneiden nicht mehr zusammengeschoben werden. „Die große Herausforderung war, dass wir es hier mit einem elastischen Teig zu tun haben und wir mechanisch in großer Geschwindigkeit diese Masse schneiden und zusammendrücken wollen“, erklärt Rudolf Strätker, Geschäftsführer bei König Laminiertechnik. Hier war Ingenieurskunst und Feingefühl gefragt, denn die mitfahrende Bewegung des Messers musste exakt mit der restlichen Produktionslinie synchronisiert werden. Da dem Auswalzen und Füllen des Teiges keine Geschwindigkeitsgrenzen gesetzt waren, konnte mit einer verbesserten Schneideeinheit das Tempo insgesamt erhöht werden. Bis zu fünf Hübe pro Sekunde schafft nun die neue Schneideeinheit, etwa ein Drittel mehr als bei der alten Mechanik und das sogar deutlich leiser.

Auch das Verschließen der Maultaschen stellte bisher bei hohem Tempo ein Problem dar. Denn neben dem Schnitt musste die Füllung an dieser Stelle verdrängt und gleichzeitig der Nudelteig zusammengedrückt werden, so dass er beim anschließenden Kochen nicht mehr aufgeht. Dafür wurde auch beim Messer eine Neukonstruktion nötig, das mit speziellen Prägekanten genau so viel Druck ausübt, dass die Maultaschen verschlossen werden. Bei fünf Teigbahnen können so rund 90.000 Maultaschen pro Stunde problemlos produziert werden; richtet man mehr Bahnen ein, erhöht sich die Produktionsleistung entsprechend.

Mit der neuen Schneidetechnik erhöht sich die Effizienz bei der Produktion der gefüllten Lebensmittel gleich doppelt: Es kann schneller geschnitten und zuverlässiger verschlossen werden; damit sinkt der Ausfall bei gestiegenem Produktionstempo. Für eine reibungslose Integration in bestehende Produktionslinien wurde eine eigene Software entwickelt, die eine optimale Synchronisierung zulässt, denn hier müssen viele Faktoren beachtet werden: Konsistenz der Teige und deren Dicke, die Füllung etc. Nun hat Rudolf Strätker neben der Nudelproduktion weitere Bereiche im Visier. „Alles, was gefüllt, geschnitten und verschlossen werden muss, kann mit der neuen Konstruktion verarbeitet werden“, meint der Geschäftsführer. Das kann Feingebäck genauso sein wie Tiernahrung.