Schwäbische Zeitung: Ägypten braucht Ruhe – Kommentar

Die alten Kräfte Ägyptens treten einfach nicht
ab. Wenn sich das Verfassungsgericht für eine Auflösung des
demokratisch gewählten Parlaments ausspricht, haben Richter das Wort,
die noch von Hosni Mubarak eingesetzt worden sind. Sie mögen zwar
Recht haben. Ihre Entscheidung spielt trotzdem dem Militärrat in die
Hände. Ohne Parlament nimmt seine Bedeutung weiter zu. Zudem hat das
Gericht das Antreten des Mubarak-Vertrauten Ahmed Schafik bei der
morgigen Stichwahl um das Präsidentenamt abgenickt.

Eigentlich sollten solche Regime-Altlasten nach Ansicht ehemaliger
Revolutionäre in der Versenkung verschwinden. Möglich, dass Schafik
aber nun sogar zum Staatschef aufrückt. Dies würde zum Aufruhr
diverser islamischer Gruppen führen, denn der religiöse Kandidat wäre
durchgefallen. Sollte es so kommen, sei Wahlbetrug im Spiel gewesen,
sagen Islamisten bereits im Vorfeld. Womit eines gewiss ist: Ruhe
wird es in Ägypten nicht geben. Doch genau diese braucht das Land.
Seine Wirtschaft kollabiert, inklusive des wichtigen
Tourismussektors. Wenn sich Militärrat und Islamisten nicht einigen,
stehen sie bald vor einem Trümmerhaufen. Die eineinhalb Jahre alte
Revolution wäre dann nur noch ein Zeichen des Niedergangs.

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