Schwäbische Zeitung: Am Ende wird es doch noch gut – Leitartikel

Die Mühe hat sich gelohnt. Joachim Gauck soll
auf parteiübergreifenden Wunsch der neue Präsident der Deutschen
werden. Und das Schauspiel, welches seiner Nominierung voranging,
wird hoffentlich schnell vergessen sein.

Eigentlich sollte alles anders sein. Diesmal wollte man sich
geräuschlos einigen. Vernünftig eben. Schließlich warten auf den
neuen Präsidenten große Aufgaben. Er muss nicht nur Deutschland in
der Welt repräsentieren. Er soll auch verlorenes Vertrauen in unserem
Land wiedergewinnen. Deshalb sollte es diesmal auch nicht darum
gehen, welcher Kandidat welcher Partei am meisten nutzt und wer
seinen Kandidaten am besten durchsetzen kann. Sondern darum, wer das
Amt am Ende am besten ausfüllen kann.

Warum ist Joachim Gauck so beliebt? Weil Überparteilichkeit hoch
im Kurs der Wähler steht, weil Überparteilichkeit längst zum
Markenzeichen geworden ist. Das ist kein Wunder, aber ein
dramatisches Zeichen für eine Demokratie, die auf dem Parteiwesen
aufgebaut ist. Die Wähler hatten die Nase vom parteitaktischen
Hickhack voll. Doch leider gab es gestern erst einmal eine pralle
Fortsetzung davon.

Angela Merkel hätte Größe beweisen können, wenn sie sofort in
ihren Reihen für Joachim Gauck geworben hätte, wenn sie ihn selbst
vorgeschlagen hätte. Stattdessen eskalierte der Streit zwischen FDP
und Union derart, dass die Koalition auf der Kippe stand. Wieder
einmal zeigte sich, dass es kaum noch Gemeinsamkeiten gibt. Erst als
die Lage richtig ernst wurde, schwenkte die Union ein. Das lange
Zögern ist umso unverständlicher, als Joachim Gauck doch von der
Kanzlerin hoch geschätzt wird. Stattdessen aber ging es erst einmal
wieder zu wie auf dem Basar. Doch in einiger Zeit, wenn der
„Bürgerpräsident“, vor allem aber der Herzenspräsident vieler
Deutscher sich im Amt eingewöhnt hat, wird das peinliche Prozedere
seiner Ernennung wohl vergessen sein.

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