Bislang ist nur sicher: Viele erwarten bei der
Bundestagswahl am 22. September einen knappen Ausgang. Die Chancen
eines rot-grünen Bündnisses sinken gen Null. Trotzdem wollen manche
in der SPD ein Große Koalition ausschließen, die FDP will keine
Ampel, die Grünen kein Schwarz-Grün. Da ist es erfrischend, wenn
Politiker einmal nicht alles ausschließen, sondern ehrlich sagen: Es
könnte zu einer Großen Koalition kommen, wie es Angela Merkel am
Wochenende getan hat. Oder wenn sie – wie Winfried Kretschmann es tut
– ermahnen, auch Schwarz-Grün nicht einfach auszuschließen. Beide
Signale können der FDP natürlich gar nicht gefallen. Denn die
Liberalen haben, anders als die Union, derzeit keinen denkbaren
anderen Bündnispartner als die Union. Aber auch die Grünen verengen
ihre Möglichkeiten, wenn sie der SPD die ewige Treue schwören. Die
SPD schwächelt derart, dass sie weiß, dass am Ende eine Große
Koalition nötig werden könnte. Sie muss vielleicht in den sauren
Apfel beißen. Zwar hat die SPD 2009 für eine durchaus erfolgreiche
Arbeit in der Großen Koalition eine 23-Prozent-Quittung vom Wähler
bekommen. Aber in der jetzigen Lage Europas über die Alternative
Rot-Rot-Grün auch nur nachzudenken, wäre verantwortungslos. Allen
großen europäischen Entscheidungen haben sich die Linken bisher
verweigert. Natürlich kann es nicht Ziel der Sozialdemokraten sein,
Juniorpartner in einer Großen Koalition zu werden. Doch es könnte ein
Weg sein, zur Stärke zurückzufinden. In den letzten Tagen haben
einige Sozialdemokraten wohl auch erkannt, dass sie mit ihrer
ehrlichen Ankündigung von Steuererhöhungen eher Wähler verschrecken.
Dass Steuererhöhungen kein gutes Wahlversprechen sind, musste schon
Angela Merkel 2005 mit der Ankündigung der Mehrwertsteuererhöhung
erfahren. Die führte damals die Union in eine Große Koalition – die
sich aber für Deutschland in den schwierigen Zeiten der Finanzkrise
als segensreich erwies. Eine Wiederholung sollte nicht ausgeschlossen
werden.
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