Schwäbische Zeitung: Der Bürger will Klarheit – Leitartikel

Eine Horror-Nachricht: In den nächsten acht
Jahren steige der Strompreis um 30 Prozent, schätzt Tuomo Hatakka,
Deutschland-Chef des Energieriesen Vattenfall. Käme es wirklich so,
hätte nicht nur der Bezieher eines schmalen Einkommens ein Problem,
sondern auch die deutsche Wirtschaft. Steigende Preise verheißen
Inflation. Zudem müssten Betriebe mit höheren Produktionskosten
rechnen. Betrachtet man das Szenario vor dem Hintergrund der
Eurokrise, könnte mancher Bürger meinen, Deutschland drohe der
Untergang. Hatakka und Vertreter anderer Stromerzeuger kann dieser
Eindruck recht sein. Ihnen passt die ganze Richtung nicht. Sie zielen
mit Tataren-Meldungen auf die Energiewende. Klar, der Umbau der
Stromversorgung kostet Geld. Er macht es den Konzernen schwerer, ihre
Kassen zu füllen. Könnten jedoch einige Atomkraftwerke etwas länger
am Netz bleiben als eigentlich beschlossen, wäre das Geldverdienen
leichter. In Frage käme etwa der zur EnBW gehörende Block 2 in
Neckarwestheim. Gelänge es der Energiewirtschaft, im Hirn der Bürger
zu verankern, dass die rasche Energiewende zu kostspielig wird, lägen
Laufzeitverlängerung im Bereich des Möglichen. Eine weitere Absicht
der Stromkonzerne ist es, Druck auf die Bundesregierung aufzubauen.
Sie muss den Wählerzorn fürchten, sollte der Strompreis nach oben
schießen. Dies macht die Politik kompromissbereit. Es geht dabei um
Subventionen. Die Stromversorger hätten gerne mehr Staatsgeld für die
Energiewende. Auf der Strecke bleibt bei den ganzen Manövern der
Bürger. Er weiß vor lauter Zahlen nicht mehr, wo ihm der Kopf steht.
Denn zeitgleich zu den Konzernen werfen Öko-Stromverbände ihre Zahlen
auf den Markt. Sie verheißen, dass sich die Energiewende aus der
Kaffeekasse stemmen ließe – vorausgesetzt, dass bereits bestehende
Subventionen für die Großen der Branche abgebaut würden. Was ist nun
wahr? Dies würde der Bürger gerne von seinen Volksvertretern
erfahren. Er hat sie schließlich dafür gewählt, dass sie die Dinge
für ihn ordnen.

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