Baden-Württemberg, Stammland der Liberalen: Mit
welchem Stolz, welchem Selbstbewusstsein hat die Südwest-FDP über
Jahrzehnte auf ihre Wurzeln verwiesen! Theodor Heuss oder Reinhold
Maier waren nach dem Krieg Politiker, die der FDP ihr Gesicht gegeben
haben – als Liberale mit Witz und Geist, mit einem Programm und
Volksverbundenheit im besten Sinne. Man muss kein Freund dieser
Partei sein, um ohne jede Häme die Frage zu stellen: Wie konnte es zu
so einem Niedergang kommen?
In Villingen-Schwenningen hat sich am Samstag nicht einmal das
sprichwörtliche Häuflein der letzten Aufrechten präsentiert. Nein,
das war ein wilder Haufen zerstrittener Menschen, die zufällig
dasselbe Parteibuch ihr Eigen nennen, aber nicht mehr so recht
wissen, was sie damit anfangen sollen. Zurück bleiben nur Verlierer:
Birgit Homburger ist als Landesvorsitzende in ihrer Autorität noch
mehr beschädigt und umstritten als zuvor. Walter Döring, der sie in
einer überfallartigen Aktion herausgefordert hat, bleibt als
gescheiterter Putschist zurück. Dirk Niebel ist eher ein
Spitzenkandidat aus Verlegenheit als ein überzeugender Frontmann. Und
die Basis wurde gezwungen, die Schachzüge ihrer Oberen brav
mitzumachen. Kurz: Diese FDP bietet ein Bild des Jammers.
Sie leidet an zweierlei: Es fehlt zum einen eine überzeugende
Programmatik, und es fehlen – übrigens auch auf Bundesebene – die
Köpfe, die eine Programmatik präsentieren könnten. Wofür stehen die
Liberalen? Den meisten Menschen im Land dürfte dazu nur ein Satz
einfallen, in dem der Begriff Besserverdienende eine zentrale Rolle
spielt. Das ist nicht viel. Und die tatsächlich Besserverdienenden
haben zwischenzeitlich kein Problem mehr damit, ihr Kreuzchen bei
Grünen oder Schwarzen zu machen.
Wie die FDP diese Defizite mit diesem Personal bis zur
Bundestagswahl heilen will, bleibt vorerst ihr Geheimnis. Und noch
eine Frage drängt sich auf: Wer bräuchte denn so einen
Koalitionspartner – falls es die Liberalen überhaupt wieder in den
Bundestag schaffen?
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