Schwäbische Zeitung: Die Kirche ist kein Konzern – Kommentar

Die kirchlichen Arbeitgeber von Diakonie und
Caritas haben vor dem Bundesarbeitsgericht ein bisschen verloren, und
sie sollten den Richtern ein bisschen dankbar sein, statt neue
Instanzen anzurufen. Denn das Urteil deckt nur auf, was Realität ist:
Die 1,2 Millionen Beschäftigten in Krankenhäusern und Einrichtungen
sind normale Arbeitnehmer. So hat sich das im Laufe der Jahrzehnte
ergeben – auch wenn die Sache so eigentlich nicht gedacht war. Daran
hat eindrücklich der Papst in seiner Freiburger Rede erinnert. Er hat
der Kirche eine „Entweltlichung“ empfohlen, damit sie sich wieder
aufs Kerngeschäft rückbesinnen kann. Wörtlich hat Benedikt XVI.
gesagt: „Allerdings haben sich auch die karitativen Werke der Kirche
immer neu dem Anspruch einer angemessenen Entweltlichung zu stellen,
sollen ihr nicht angesichts der zunehmenden Entkirchlichung ihre
Wurzeln vertrocknen.“

Was hat das mit der Frage eines Streikrechts für Beschäftigte in
kirchlichen Einrichtungen zu tun? Sehr viel. Das Kernproblem lautet
nämlich: Die Wert- und Moralgesetze der Kirchen kollidieren mit der
gesellschaftlichen Realität des 21. Jahrhunderts. Die Ursprünge waren
ganz klar und einfach: Wer bei einer kirchlichen Einrichtung
beschäftigt war, der hat dort nicht nur angeheuert, sondern er sollte
selbstverständlich auch die christliche Sittenlehre mittragen und
-leben. Das findet immer weniger Akzeptanz. Für die allermeisten
Arbeitnehmer in kirchlichen Diensten ist ihr Arbeitgeber einer wie
jeder andere. Und sie reklamieren für sich – fast logischerweise –
dieselben Rechte, die Arbeitnehmer in einer säkularisierten Welt in
Anspruch nehmen. Das geht von sogenannter wilder Ehe über
homosexuelle Partnerschaften bis hin zu einem generell areligiösen
Leben.

Der sogenannte dritte Weg, das spezielle Arbeitsrecht der Kirchen,
passt nicht mehr, weil Kirche und Konzern nicht zusammenpassen.
Entweder die Kirchen schrauben ihre Wertevorstellungen zurück – was
ja schleichend immer mehr geschieht – oder sie überlassen die
Konzerntätigkeit weltlichen Profis.

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