Schwäbische Zeitung: Gerechtere Abschlüsse – Leitartikel

Endlich bewegen sie sich! Die Kultusminister
wollen Abiturarbeiten bundesweit vergleichbar machen. Nicht ganz
freiwillig, sondern nach massivem Druck von Eltern, Lehrern und
Schülern. Denn die Mobilität innerhalb Deutschlands wächst – und
damit die Wut derer, die es absolut nicht verstehen können, wenn ihre
Kinder in verschiedenen Bildungswelten aufwachsen müssen. Was einst
als Vielfalt gedacht war, hat sich längst zur Bremse entwickelt. Die
Missstände drohen, den Bildungsföderalismus insgesamt ad absurdum zu
führen. Viele sprechen sich schon für ein zentrales Schulsystem aus.
Das wäre schade, denn Wettbewerb belebt auch das Geschäft. Die Ära
der Kleinstaaterei im Bildungswesen aber muss vorbei sein. Seit 1949
streben die Kultusminister die Vergleichbarkeit von Zeugnissen und
Abschlüssen an. Höchste Zeit, dass sie Ernst damit machen. Gemeinsame
Bildungsstandards für die Kernfächer zu verabreden, das ist keine
Revolution. Aber immerhin ein kleiner Schritt in die richtige
Richtung. Wenn über Studienplätze manchmal Zehntel-Noten entscheiden,
ist es einfach ungerecht, wenn sich Bayern oder Baden-Württemberger
mehr anstrengen müssen als Bremer oder Hamburger. Heißt das Motto
jetzt „runter mit dem Niveau, damit jeder drauf kann?“ Ein bisschen
schon. Das Versprechen, dass sich am Ende keiner verschlechtert, wird
kaum zu halten sein. Man kann sich am Besten oder am Schlechtesten
orientieren. Viel spricht aber dafür, dass bei der Ausgestaltung der
Standards weder Bayern noch Bremen maßgeblich sind, sondern ein
Mittelweg gesucht wird. Der bedeutet für den Süden eine leichte
Absenkung des Niveaus. Doch wäre das wirklich so schlimm? Die Länder
können ja nach wie vor eigene Schwerpunkte setzen. Und Schülern ist
es unbenommen, über den Lehrplan hinaus etwas zu tun. Angst, dass
bundesweit alles nivelliert wird, muss so schnell niemand haben.
Solange die Länder über die Schulen wachen, wird es Wettbewerb geben,
werden immer wieder eigene Rezepte gesucht.

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