Schwäbische Zeitung: Hausgemachte Krise der FDP – Leitartikel

Die FDP kommt aus ihrer desolaten Lage nicht
heraus. Die jüngste Umfrage bescheinigt den Liberalen nur noch zwei
Prozent Zustimmung in der Bevölkerung. Häme über das dramatische
Abrutschen der kleinen, einstmals stolzen Partei ist unangebracht.
Bezieht man eine staatspolitische Position, dann besteht eher Grund
zur Sorge. Man muss mit den ideologischen Steuer-Runter-Positionen
der Liberalen nicht übereinstimmen, aber man muss feststellen, dass
die FDP die Geschichte der Bundesrepublik maßgeblich geprägt hat.
Schlecht ist Deutschland damit nicht gefahren. Sei es Theodor Heuss,
der als erster Bundespräsident nach der Nazi-Diktatur dem jungen
Staat wieder demokratische Tugenden vermittelte. Seien es Walter
Scheel oder Hans-Diet-rich Genscher, die glaubwürdig, verlässlich und
damit erfolgreich die Außenpolitik Deutschlands bestimmten. Ohne
diese Politik hätte es keine Wiedervereinigung gegeben.
Wirtschaftspolitisch stand diese Partei jahrelang für Solidität und
soziale Marktwirtschaft, was in der heutigen Zeit auch nicht die
schlechteste politische Position wäre.

Doch anders als mancher FDP-Funktionär vermutet: Die schwere
Krise, in der sich die Liberalen befinden, ist zweifelsfrei das
Ergebnis ihrer eigenen Politik – und nicht das vermeintliche Ergebnis
eines konzertierten Angriffs der Medien und anderen Parteien. Seit
zwei Jahren gehört die FDP der Bundesregierung an, bemerkt haben das
viele der führenden Köpfe der Partei nicht. Trotz Ministeramts wähnen
sie sich immer noch in der Opposition und malträtieren
Koalitionspartner wie Öffentlichkeit mit Maximalforderungen, von
denen sogar die eigenen Anhänger Abstand nehmen.

Steuersenkungen auf Pump kommen in Zeiten der Schuldenkrise in
Europa eben nicht gut an. Wie eine solche eindimensionale Politik
wahrgenommen wird, fasst der Publizist Michael Spreng treffend
zusammen: „Weiter gegen die Einbahnstraße.“ Ein Politikwechsel der
Liberalen ist zwingend, wird er nicht eingeleitet, dann war es das
mit der FDP.

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