Schwäbische Zeitung: Kommentar zu EU-Kommission – Am Ende entscheidet Merkel

Das Gezerre um den neuen
EU-Kommissionspräsidenten zeigt, wie haltlos manche Versprechen vor
der Europawahl waren. Da hatte es noch großspurig geheißen, diesmal
entscheide der Souverän durch das Wahlergebnis über den künftigen
Chef der Kommission. Nun wird, wie gehabt, im Hinterzimmer
ausgeklüngelt, wer es wird. Das ist zwar eine Missachtung des
Wählers, war aber, wenn man nicht allzu blauäugig an die Dinge
heranging, irgendwie abzusehen.

Wie sich allerdings speziell Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr
Vize Sigmar Gabriel verhalten, spottet jeder Beschreibung. Da
verständigen sich beide kurzerhand nicht nur auf die Personalie
Juncker, sondern auch darauf, dass SPD-Mann Martin Schulz nach seiner
Wahlniederlage den lukrativen Posten als EU-Parlamentspräsident
behalten kann. Deutlicher kann die deutsche Politik die
EU-Volksvertretung nicht abkanzeln. Das schwache Parlament hat
Merkels Macht nichts entgegenzusetzen.

Die EU hat vor allem ein Demokratieproblem, das durch die jüngsten
Wahlen verkleinert werden sollte. So, wie es jetzt läuft, hätte sich
die PR-Abteilung der EU das Getrommel hinsichtlich der
Kommissionspräsidenten-Personalie sparen können. Denn am Ende
entscheidet – ganz wie jene unken, die eine „Germanisierung“ der EU
beklagen – sowieso Merkel.

Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de