Schwäbische Zeitung: Kommentar zu Protesten in Brasilien – Eingeforderter Rechtsstaat

Was manche Blätter oder Online-Medien zu
Brasilien schreiben, bedient Klischees. Für diese Medien passt es
perfekt, dass die Proteste just mit dem Fußball-Confed-Cup
zusammenfallen. Wir können die Uhr danach stellen, wann die ersten
Stimmen hierzulande laut werden, die die WM 2014 in Deutschland
abhalten lassen wollen.

Doch worum geht es im Kern des öffentlichen Aufruhrs? Das Land hat
in den vergangenen Jahren enorme wirtschaftliche Fortschritte
gemacht. Die politische Entwicklung hat aber mit der wachsenden
Mittelschicht nicht standgehalten. Die Politikerkaste ist seit der
Rückkehr zur Demokratie 1985 fast ununterbrochen an der Macht.
Korrupte Ex-Präsidenten verfügen weiterhin über enormen Einfluss.

Das Riesenland muss sich reformieren. Die Demonstranten, die kaum
einer politischen Richtung zuzuordnen sind, wollen in einem modernen
Rechtsstaat leben. Sie sind es satt, fast täglich von neuen
Korruptionsfällen lesen zu müssen. In einer solchen Gemengelage sind
Erhöhungen von Bustickets oder die Vorbereitungen zur Fußball-WM
Auslöser von Protest, nicht aber dessen Ursache.

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