Verstörende, unwirkliche, brutale Bilder aus
Donezk: Ausgebrannte Wohnhäuser, zerstörte Brücken, Panzer in den
Straßen. Die ostukrainische Bergarbeitermetropole, seit Tagen in der
Hand von prorussischen Separatisten, wird von den Regierungstruppen
belagert. Luftschläge und Artilleriebeschuss gehören zum Alltag. Im
Kreuzfeuer sterben Zivilisten. Man muss an die tschetschenische
Hauptstadt Grosny denken, die in den Kämpfen zwischen Rebellen und
der russischen Armee fast dem Erdboden gleichgemacht worden war.
Erwartet Donezk ein ähnliches Schicksal? Nicht auszudenken,
schließlich lebt in der früher blühenden, wohlhabenden Stadt eine
Million Menschen.
Donezk steht vor einer möglichen humanitären Katastrophe, weil die
ukrainische Führung mit hartem Kurs einen drohenden Gesichtsverlust
verhindern will. Präsident Petro Poroschenko will nicht zaudern,
sondern handeln. Von Waffenstillstandsverhandlungen mit den
„Marionetten des Kremls“ hält der neue starke Mann in Kiew nicht
viel. Der militante Millionär drängt stattdessen seine Einheiten
dazu, für jeden Toten auf Seiten der Regierungskräfte „Dutzende oder
Hunderte“ Aufständische zu vernichten. Zielgenau würden diese Schläge
erfolgen und angeblich ohne Gefährdung von Zivilisten. Tatsächlich
sind Angriffe mit schweren Waffen gegen Terroristen, die sich in
einer Millionenstadt verschanzt haben, sehr riskant und somit
unverantwortlich. Poroschenkos Offensive muss gestoppt werden.
Die EU muss Druck auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin
ausüben, damit der Kreml deeskalierende Schritte unternimmt und sich
von den Rebellen öffentlich distanziert. Andererseits sollte die
ukrainische Führung zur Mäßigung und Vernunft ermahnt werden. Angela
Merkel ist nach Rio geflogen, um das WM-Finale live zu erleben, aber
auch um zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. Putin wird da
sein, Poroschenko jedoch nicht. Kiew ist somit in der Pflicht, eine
Lösung zu finden, ehe es für die Menschen in Donezk zu spät sein
wird.
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