Einige Millionen Menschen in Deutschland sind
arm. Es ist unstrittig, dass manche Langzeitarbeitslose, etliche
alleinerziehende Mütter und viele Ausländer mit wenig Geld auskommen
müssen. Doch Gewerkschaften, Kirchen und linke Gruppen überspannen
den Bogen, wenn sie das düstere Bild eines durch und durch asozialen
Landes zeichnen. Mit Inbrunst behaupten Soziallobbyisten, dass die
Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher würden. Von Scheren,
Löchern, Lücken, Abwärtsspiralen und einem hartherzigen Staat ist die
Rede. Wer sich in pessimistischen Zustandsbeschreibungen ergeht, kann
sich beifälligen Kopfnickens bis weit ins bürgerliche Lager gewiss
sein. Deshalb ist der Armutsbericht der Bundesregierung auch ein
mutiges Zeugnis gegen den Zeitgeist. Tatsächlich ist Deutschland
reich und großzügig. Das Land gibt knapp ein Drittel seines
Volkseinkommens für Sozialleistungen aus. Der Kapitalismus in Gestalt
der sozialen Marktwirtschaft hat den Deutschen einen Wohlstand in nie
gekanntem Ausmaß beschert. Das Land ist seit Jahren auf einem guten
Weg. Die Zahl der Erwerbslosen und Hartz-IV-Empfänger sinkt
beständig. Die Jugendarbeitslosigkeit ist so niedrig wie nirgendwo
sonst in Europa. Studenten zahlen in den meisten Bundesländern keine
Studiengebühren, Eltern dürfen eine staatlich bezahlte Auszeit
nehmen. Selbst Menschen, die sich bewusst für ein Leben als Faulenzer
entscheiden, werden alimentiert. Was hierzulande als Leben unterhalb
der Armutsgrenze gilt, käme in anderen Teilen Europas einem Platz im
Paradies gleich. Die deutsche Armut spielt sich auf hohem Niveau ab.
Gerade mit Blick auf die darbenden Menschen in Griechenland oder
Spanien wirkt der Alarmismus der Soziallobbyisten deshalb weltfern.
Die andauernde Empörung über angebliche Missstände ist ermüdend. Ein
gewisses Maß an Ungleichheit ist nicht nur akzeptabel, sondern
unvermeidlich in einem Wirtschaftssystem, das prinzipiell auf den
Aufstiegswillen leistungsbereiter Menschen setzt.
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