Schwäbische Zeitung: Leistung belohnen – Leitartikel

Professoren verdienen zu wenig. An den
Stammtischen dürfte diese Feststellung zu Spott und Häme führen. Aber
das Bundesverfassungsgericht hat recht: Es ist grotesk, dass ein
junger Professor in Deutschland weniger bekommt als ein alter
Gymnasiallehrer. Maximal 4000 Euro brutto an Grundvergütung erhalten
Professoren der niedrigsten Gehaltsstufe seit 2005. Nicht eben viel
für Fachleute mit Doktorgrad, Berufserfahrung und rhetorischen
Fertigkeiten. Ein solcher Beamtensold mag einen Keltologen oder
Byzantinisten entzücken, der außerhalb der Uni niemals die Chance auf
auskömmliche Arbeit hätte. Doch einen versierten Maschinenbauer oder
Elektrotechniker locken solche Summen schwerlich an die Hochschule.
Er verdient in der Industrie gut und gerne doppelt so viel.

Nun wäre es zu einfach, Professoren einfach dasselbe zu zahlen wie
Führungskräften in der freien Wirtschaft. Wenn der Gesetzgeber das
Gehalt der Gelehrten neu bemisst, muss auch eingerechnet werden,
welche Privilegien Professoren genießen. Im Hörsaal sind sie kleine
Könige. Niemand darf ihnen in die Arbeit hineinpfuschen. Auch die
Arbeitszeiten sind verlockend. Mancher Gelehrte hält sich zwei Tage
an der Hochschule auf, um dann für den Rest der Woche zu entschwinden
– zu lukrativen Vortragsreisen. Denn Professoren dürfen Tausende Euro
hinzuverdienen. Viele sind als Gutachter und Fernsehgelehrte
unterwegs und kümmern sich mehr um ihre Karriere außerhalb des
Hörsaals als um ihre Studenten. Diese Freiheit rechtfertigt einen
Abschlag zu Gehältern der freien Wirtschaft.

Aber eben keine Niedriglöhne. Dem Gesetzgeber bleibt keine Wahl,
als seine jungen Professoren wieder besser zu bezahlen. An einer
Säule der Hochschulreform sollten die Bildungsminister allerdings
nicht rütteln: dem Leistungsgedanken. Es darf keine Rückkehr geben
zum überkommenen Prinzip der Beamtenlaufbahn: Je länger im
Staatsdienst desto höher der Sold. Den Hochschulen muss es überlassen
bleiben, engagierte Professoren zu belohnen.

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