Die Bundeskanzlerin hat sich ziemlich weit
vorgewagt, wenn sie erklären lässt, hinter den Provokationen in der
Ukraine stecke Russland. Aber wir gehen mal davon aus, dass Angela
Merkel verlässliche Quellen für das hat, was ohnehin viele ahnen. Es
wirkt schon wie aus einem KGB-Lehrbuch für psychologische
Kriegsführung, was da gerade um Donezk und Charkow geschieht. Ein
bewaffneter Konflikt wird ohne Not vom Zaune gebrochen, ein Konflikt
zudem, den man eigentlich auch durch Verhandlungen hätte beilegen
können.
Merkel hat mit dem Finger auf Putin gezeigt. Welche Optionen gibt
es noch? Putin vergessen und auf die Vernunft hoffen! Wer keinen
Krieg will, muss daran glauben, dass Putin und sein Imperialismus
sich irgendwann von selbst erledigen. Bis dahin muss viel mit dem
russischen Präsidenten gesprochen werden, immer wieder, damit er
weiß, dass er irgendwie etwas gilt auf der Weltbühne. Obama und
Merkel sollen so oft wie möglich mit ihm telefonieren. Nur – erwarten
sollten wir davon nichts.
Putin ist nach allem, was jene erzählen, die ihm begegnet sind,
ein geltungssüchtiger Mann, der sehr bedacht darauf ist, Eindruck zu
machen. Einer, der unbedingt ernst genommen werden will. Und in der
Tat ist der Weg aus einer Zweizimmerwohnung in Dresden, wo er als
aktenschiebender KGB-Agent wirkte, hin zu einem Mann, vor dem sich
die Welt fürchtet, beeindruckend.
Es gibt sicher eine Art, mit Putin zu reden und doch nichts zu
sagen. Aber was wird die Nato machen, wenn Putin den organisierten
Ruf der russischen Minderheit in der Ost-Ukraine erhört und Panzer
schickt? Hoffentlich reden die Nato-Chefs, versichern den Kreml ihres
Respekts. Wahrscheinlich werden sie ihm dann sagen, dass eine derart
destabilisierte Ukraine nicht in die Nato passe.
Putin wird all das als Schwäche des Westens auslegen. Bis Russland
sich reformiert – und hoffentlich nicht vorher implodiert -, heißt es
im Westen und in der Ukraine: Viel Geduld haben.
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