Jetzt also auch Ulrich Müller. Der nächste
prominente CDU-Politiker gerät in den Strudel der immer noch nicht
aufgearbeiteten Affäre um den Rückkauf der EnBW-Aktien durch die
frühere Landesregierung und deren Chef Stefan Mappus. Willi Stächele
musste als Landtagspräsident zurücktreten, andere Spitzenkräfte der
CDU verloren an Ansehen. Ulrich Müller aber war dazu ausersehen, das
Zustandekommen des Geschäfts aufzuklären. 15 Monate lang machte das
der hoch geschätzte und erfahrene Abgeordnete aus dem Bodenseekreis
als Chef des EnBW-Untersuchungsausschusses auch gut. Der frühere
Minister wirkte untadelig, er bohrte bei öffentlichen Befragungen
nach und vermittelte den bei so einem Amt so wichtigen Eindruck, ein
über den Parteien stehender Aufklärer zu sein. Das gilt jetzt nicht
mehr. Immerhin hat der Politiker am Donnerstag schnell reagiert, als
er das Ausmaß seiner Fehler erkannte. Und wohl auch deren Brisanz. In
der Kritik wird er dennoch stehen, weil er mit dem wichtigsten aller
Zeugen mehrfach Kontakt hatte. Die neuen Akten belegen das. Ein
Ausschussvorsitzender aber, der auch nur den Anschein von
Befangenheit weckt, ist nicht tragbar. Müller kannte die Regeln zudem
aus früheren parlamentarischen Ausschüssen sehr genau. Und doch hat
er sie gebrochen. Sowohl Grün-Rot als auch die CDU konnten nie der
Versuchung widerstehen, im Ausschuss parteipolitische Süppchen zu
kochen – mit Vorteilen für die heutige Regierungskoalition.
Insbesondere die Aussagen von Stefan Mappus und seines engsten
Beraters Dirk Notheis warfen ein beängstigendes Bild auf die
politische Kultur in Baden-Württemberg. Bis heute haftet der CDU der
Makel an, nach der Wahlniederlage nicht die Kraft zu einem Neuanfang
gefunden zu haben. Müller hätte als älterer Ratgeber Anstöße liefern
können, Ballast abzuwerfen. Jetzt kommt neuer dazu. Wieder steht die
CDU am Pranger, die Aufarbeitung der Affäre eher zu bremsen als
voranzutreiben. Es wäre ein gutes Zeichen, deshalb auf den Vorsitz im
Ausschuss zu verzichten.
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 07561-80 100
redaktion@schwaebische-zeitung.de