Schwäbische Zeitung: Ostern lässt auch Zweifel zu – Leitartikel

Was bewegt die Deutschen zu Ostern: Das Wetter,
der Benzinpreis? Oder doch die Sehnsucht nach Frieden und die
Hoffnung, dass die christliche Botschaft zutrifft, die den Sieg über
das Böse in der Welt und in den Menschen verheißt? Zweifel sind
erlaubt, gerade zum Hochfest der Christenheit. Nicht der Zweifel ist
das Problem des Glaubens, sondern die Gleichgültigkeit einer in
großen Teilen gottlosen Welt. Die Gedankenlosen, auch in der
Piraten-Partei, forcieren in der Karwoche einmal mehr ihre Forderung,
das Tanzvergnügen auch am Todestag Jesu Christi freizugeben. Kein
Einzelfall, es mangelt allenthalben am Respekt vor den Gefühlen, die
einer noch immer großen Zahl von Menschen heilig sind. Dabei fehlt es
oft genau an jener Toleranz, die ausgerechnet die Kritiker der
Kirchen von diesen einfordern.

Solcher Zwist verstellt den Blick auf die frohe Botschaft, die
Ostern im Kern ausmacht: Das Bekenntnis zur Nächstenliebe, zu
Versöhnung und Vergebung und, vor allem, zur Zuversicht, dass die
Friedfertigen ihren Platz an Gottes Seite haben werden. So mancher
Streit erscheint da irdisch-hausgemacht. Auch in den Kirchen, die
gelegentlich große Mühe haben, die Fragen der Menschen in Christi
Klarheit zu beantworten – und durch gutes Beispiel, das mehr als alle
Worte zählt.

Gerade weil wachsende Gottesferne offenbar eine mitunter militante
Gegenbewegung zu provozieren scheint, könnte Ostern eine gute
Gelegenheit zur Besinnung sein. Darauf, dass Jesus Christus die
Sünder nicht verdammte, auch die Zweifler ernst genommen hat und den
Pharisäern Schranken wies.

Die Herausforderung, solchem Beispiel gerecht zu werden, besteht
über das lange Wochenende hinaus. Auch für jene selbstgerechten
Gotteskrieger, die in innerkirchlichen Machtkämpfen den Glauben
kaputt reden als hätte es nie eine Bergpredigt gegeben. Und nie einen
Heiland, der selbst seine Feinde als Gotteskinder liebte. Der sogar
akzeptierte, dass selbst seine Jünger auch nur Menschen sind.

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