Schwäbische Zeitung: Schwierige Wahrheitssuche

Er hat selbst in fünf Untersuchungsausschüssen
mitgearbeitet, der sechste hat ihn jetzt vernommen. Sebastian Edathys
politische Karriere ist beendet, er hat nichts mehr zu verlieren –
und so schlägt er um sich. Vieles von dem, was er dem
Untersuchungsausschuss und zuvor der Presse erklärt, klingt
plausibel. Dass er frühzeitig von den Ermittlungen gegen sich
erfahren hat, die Schilderung, wie die SPD-Spitze mit ihm umging.
Doch es sind ungeheuerliche Vorwürfe. Wenn es stimmt, dass
Ex-BKA-Chef Jörg Ziercke seine Genossen informierte, wäre dies
strafbar. Ziercke widerspricht.

Doch Edathy beschädigt nicht nur Ziercke, sondern auch viele
Politiker. Hans-Peter Friedrich, Michael Hartmann, Sigmar Gabriel,
vor allem aber Thomas Oppermann, den er als eiskalten Karrieristen
darstellt. Edathy zeichnet das Bild einer schwatzhaften
Politikerkaste, der es vor allem um den Machterhalt geht.

So gesprächig Edathy ist, so höchst einsilbig wird er, wenn es um
den Vorwurf der Kinderpornografie geht. Noch wird gegen ihn
ermittelt. Edathy pocht darauf, sich legal verhalten zu haben, wenn
auch nicht moralisch einwandfrei. Aber er habe schließlich kein
Kapitalverbrechen begangen, wie es die öffentliche Berichterstattung
nahelege. Edathy hat noch immer nicht verstanden, dass es vielleicht
nicht nur um das Betrachten nackter Jungen geht, sondern auch darum,
wie solche Bilder zustande kommen, welche Schäden sie bei Kindern
hinterlassen. Er sieht nur die öffentliche Skandalisierung zu seinen
Lasten.

Die Frage, die der Untersuchungsausschuss klären muss, ist aber
nicht die, ob Edathy Kinderpornografie erworben hat oder nicht. Es
ist die Frage nach der Lauterkeit des Rechtsstaats. Die Frage, ob
Edathy von seinen politischen Freunden vorab über Ermittlungen
informiert wurde. Dass nicht nur sein Laptop, sondern auch noch das
Handy seines angeblichen Informanten Michael Hartmann als gestohlen
gemeldet wurde, erleichtert nicht gerade den Glauben daran, dass
alles mit rechten Dingen zuging.

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