Schwäbische Zeitung: Treuhand für Griechenland – Leitartikel

Um Griechenland, den Euro und die Banken steht
es schlimmer, als die Bundeskanzlerin zugibt. In Wahrheit sind die
Griechen pleite. In Wirklichkeit leihen sich argwöhnische Banken
untereinander kein Geld mehr. Und tatsächlich schaffen viele
verunsicherte Privatanleger ihr Erspartes heraus aus der Euro-Zone.
An der Zuspitzung der Schuldenkrise haben Bundeskanzlerin Merkel und
Frankreichs Präsident Sarkozy gehörigen Anteil. Zu lange gaukelten
sie den Bürgern vor, sie hätten die Lage im Griff. Zu oft brachen sie
eigene Versprechen – oder ließen sich von Spekulanten dazu treiben,
Rettungspaket um Rettungspaket nachzuschieben. Sie haben die Börsen
verwirrt, die Bürger verunsichert und viel Zeit vergeudet. Nach
vielen vergeblichen Rettungsrunden scheint es nun, als würde Merkel
zum Befreiungsschlag ausholen. Sie nimmt endlich die Führungsrolle
an, die ihr viele Menschen im In- und Ausland zuschreiben. In
geheimen Runden haben Finanzfachleute und Unternehmensberater im
Auftrag der Kanzlerin durchgerechnet, wie Griechenland zu retten
wäre. Eine der spannendsten Ideen: Das Land könnte nach dem Vorbild
der Ex-DDR saniert werden. Die Griechen würden Staatsbesitz wie
Häfen, Stromkonzerne und Autobahnen an eine Treuhand übertragen. Die
EU würde den Griechen diese Gesellschaft abkaufen, Sanierer entsenden
und die Staatsunternehmen fit für den Wettbewerb machen. Anschließend
könnten die Firmen mit hohem Gewinn verkauft werden. Durch den
Verkauf von Staatsbesitz ließen sich nicht nur schlagartig
griechische Schulden in Milliardenhöhe begleichen, ohne dass Athen
einen Offenbarungseid leisten müsste. Auch ein Aufbauprogramm für die
marode Wirtschaft wäre finanzierbar. Dies ist eine pragmatische
Lösung ganz nach dem Geschmack der kühl kalkulierenden Kanzlerin.
Zugleich würde Merkel eine Botschaft senden an alle Schuldensünder
und Spekulanten: Wer sich übernimmt, haftet mit seinem Vermögen.

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