Schwäbische Zeitung: Zweifelhafter Vorschlag – Kommentar

Mit der Idee zur Zwangsanleihe katapultiert sich
das DIW zurück in die 1920er-Jahre, als der Staat seine Bürger noch
zur Kasse bitten musste, um die Folgen des Ersten Weltkriegs zu
bezahlen. Die Maßnahme hatte schon damals ihre Tücken. Die Inflation
vernichtete das Geld der Verleiher. Im Jahr 2012 klingt der Vorschlag
zur Lösung der Schuldenkrise schlicht absurd. Vertretern der
Linkspartei mag die Idee zwar besonders gefallen. Schließlich gründet
deren Weltanschauung darauf, dass Vermögen per se eine schlechte
Charaktereigenschaft ist. Doch ist Neid kein guter Ratgeber. Und eine
Zwangsanleihe kein geeignetes Mittel, um mehr soziale Gerechtigkeit
zu schaffen. Sie würde im Gegenteil neue Ungerechtigkeiten
hervorbringen, weil sie das Eigentumsrecht eines bestimmten Teils der
Bevölkerung verletzen würde. Das wäre zudem verfassungsrechtlich sehr
bedenklich.

Auch für Krisenländer ist der Vorschlag des DIW nicht geeignet.
Mit der Zwangsanleihe würde zum Beispiel der griechische Staat ein
fatales Signal an seine jetzt schon stark verunsicherten Bürger
senden. Nach dem Motto: Ich bin nicht in der Lage, korrekt Steuern zu
erheben – also greife ich mir einfach euer Privatvermögen. Ob in
Deutschland oder Griechenland: Es macht Sinn, Steuerschlupflöcher zu
schließen und zu sparen. Das ist allemal besser als zweifelhafte
Eingriffe in das Eigentumsrecht.

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