Sinkende Preise, leidende Produzenten


 
Die Weltkakaopreise befanden sich seit mehreren Jahren im Aufwärtstrend und nahmen dann ab September 2016 stark ab. In nur wenigen Monaten ergab sich ein Preissturz von 30 Prozent. Die Preise sind in den ver­gangenen Jahren vor allem wegen des wachsenden Konsums in den Schwellenländern gestiegen. Eine Sta­gnation beim Schokoladenabsatz traf nun jedoch auf ein gestiegenes Kakaoangebot auf dem Weltmarkt – und sorgte damit offenbar für Panik bei den Anlegern, die in Kakao-Zertifikate investieren.

Analysten schätzen den Angebotsüberschuss auf 200.000 Tonnen. Dies entspricht nur etwa 5 Prozent des Jahresvolumens. Kakaoproduzenten werden in diesem Jahr trotzdem rund 30 Prozent weniger Geld für ihren Kakao erhalten. Der Grund sind die „Gefühle des Marktes“. Konsumenten können jedoch nicht davon ausgehen, dass die niedrigeren Preise von den Herstellern weitergegeben werden.

PREISE UNTERHALB DER PRODUKTIONSKOSTEN

Während die internationalen Preise im Sommer 2016 rund 3000 US-Dollar pro Tonne betrugen, liegen sie der­zeit unterhalb der 2000-Dollar-Marke. Es ist ein schwindelerregender Preissturz, unter dessen Auswirkungen alle Kakaoproduzenten leiden, unabhängig vom Ursprung ihres Kakaos. Die Preise liegen für sie nun unter­halb der Produktionskosten. Wenn ein Unternehmen einen 30-prozentigen Rückgang der Verkaufspreise be­fürchtet, versucht es in der Regel, die Kosten drastisch zu senken. Für die Kakaobauern als Unternehmer be­deutet dies:

Ausbeutung: Um ihre Kosten zu senken, zahlen die Produzenten ihren Erntehelfern keine marktübli­chen Löhne mehr (12 $ / Tag in Ecuador zum Beispiel).
Entkapitalisierung: Um den Rückgang der Einnahmen zu kompensieren, zapfen sie ihren Spar­strumpf an, indem sie beispielsweise ein Schwein oder ein Rind verkaufen.
weniger Grundstückspflege: Produzenten haben nicht mehr die Mittel (Zeit / Personale), um ihre Parzellen adäquat zu pflegen.

Diese Reaktionen sorgen zwar kurzfristig zu einer Entspannung, mittelfristig verschärfen sich die Probleme der Produzenten jedoch drastisch. Sie führen zu einer raschen Verarmung der Bauern und haben in manchen Ländern verheerende Folgen. In Haiti zum Beispiel haben die Produzenten aufgrund der jüngsten Unwet­terschäden keine Kapazitäten, um sinkende Preise zu kompensieren. Ein Teil der Landbevölkerung wird aus Verzweiflung zum Exodus in Richtung Stadt aufbrechen – und dort in einer Armutsfalle landen.

HOHE PREISE ALS KATALYSATOR ZUR UMSTRUKTURIERUNG UND RENOVIERUNG

Das vergleichsweise hohe Preisniveau der vergangenen Jahre hat es der Kakaobranche ermöglicht, an ihrer Zukunft und der Nachhaltigkeit ihrer Produktion zu arbeiten. Viele Erzeuger haben die Qualität deutlich verbes­sert und ihre Produktionsweise umgestellt. Hohe Preise sind die Voraussetzung für ökologische und soziale Verbesserungen wie zum Beispiel: Pflege und Erhaltung der Parzellen, Qualitätsverbesserung (Fermentation, Trocknung), Verzicht auf Kinderarbeit und Zahlung existenzsichernder Löh­ne an die Arbeiter.

In einer Zeit, in der diese Bemühungen Früchte zu tragen be­ginnen, könnte der Zusammenbruch der Kakaopreise die Ar­beit der vergangenen Jahre zunichte machen: Wie können wir in diesem Zusammenhang die Qualität fördern? Wie können Produzenten morgen ökologisch nachhaltigen Kakao ohne so­ziale Ausbeutung produzieren, wenn die Preise nicht einmal die Produktionskosten abdecken?

Ethiquable arbeitet direkt mit Produzentengenossenschaften in Ecuador, Peru, Nicaragua, Haiti, Madagaskar und der Elfenbeinküste zusammen, um aus deren fair gehandel­tem Bio-Kakao verschiedene Produkte für den europäischen Markt herzustellen.

Kostenkalkulation auf Basis tatsächlicher Produktionskosten

Die an die Erzeuger gezahlten Preise basieren auf einer Kostenkalkulation, die unabhängig vom Weltmarkt­preis entsteht. Die Produzenten kalkulieren ihre Produktionskosten und berücksichtigen dabei auch die außer­gewöhnlich hohe Qualität ihrer Kakaobohnen und die Besonderheiten der Ursprungsregion, aus der sie stam­men. Außerdem wird ein von der Genossenschaft ausgewähltes Entwicklungsprojekt einkalkuliert.

Diese Preispolitik hat es in Kombination mit einer starken Partnerschaft zwischen Ethiquable und den Produ­zenten ermöglicht, gute Voraussetzungen für eine positive Entwicklung der kleinbäuerlichen Genossenschaf­ten herzustellen:
Haiti: technische Unterstützung zur Kontrolle der Fermentation des Kakaos und Entwicklung eigener Export-Strukturen
Nicaragua: Aufwertung einer außergewöhnlichen Ursprungsregion für Kakao und Unterstützung bei den ersten eigenen Exporten.
Elfenbeinküste: Unterstützung bei der Gründung der der ersten Bio-Kakaokooperative
Madagaskar: Unterstützung bei der Schaffung der Exportstrukturen für Kakao

Ethiquable bekräftigt seine Vision eines anspruchsvollen fairen Handels und bietet dem Produzenten einen stabilen Preis. Trotz sinkender Weltmarktpreise wird die Genossenschaft ihren Partnern weiterhin zwischen 4000 und 4300 US-Dollar pro Tonne Kakao zahlen. Das entspricht in etwa dem doppelten Marktpreis und wird sich nicht auf die Endpreise auswirken, die vom Konsumenten gezahlt werden.

Die Verpflichtung zur Zahlung gleichbleibend hoher Kakaopreise ist von wesentlicher Bedeutung, um die ge­meinsam durchgeführten Arbeiten fortzusetzen und den Kleinbauern zu zeichen, welche Wertschätzung ihr gesellschaftliches und ökologisches Engagement bei Ethiquable erfährt.