Zwölf Monate lang steht Papst Franziskus nun
schon an der Spitze der katholischen Kirche – und die Begeisterung
für den freundlich-fröhlichen Argentinier scheint ungebrochen, weit
über die Grenzen besagter Kirche hinaus. Aber machen wir uns nichts
vor: Verglichen mit den vielen starken Bildern dieses ersten
Franziskus-Jahres ist der Ertrag an konkreten Inhalten oder gar
Beschlüssen frappierend gering. Franziskus hat manche Ämter neu
besetzt, viele Kommissionen frisch berufen und einige Debatten
benannt. Wirklich neue Positionen hat er bisher noch nirgends
bezogen, weder im Verhältnis zu den kritischen Laien, noch in Fragen
der Rolle der Frauen in der Kirche, der Empfängnisverhütung oder der
Sexualmoral, um nur einmal jene Debatten zu nehmen, die im deutschen
Katholizismus seit Jahr und Tag eine große Rolle spielen.
Alle Versuche, aus zum Teil recht beiläufigen Worten des Papstes
grundsätzliche Änderungen auch der Kirchenlehre im Sinne einer neuen
Nähe zum Nächsten und seinen Nöten ableiten zu können, erweisen sich
im Nachhinein als völlig überzogen. Inhaltlich ist Franziskus an
keiner Stelle weiter, als es sein Vorgänger Benedikt je war. Jener
Benedikt übrigens, dem es einst bereits im ersten Amtsjahr sehr wohl
gelungen war, die programmatische Ausrichtung seines Pontifikats
wirkungsvoll abzustecken – eben betont konservativ.
Pressekontakt:
Stuttgarter Zeitung
Redaktionelle Koordination
Telefon: 0711 / 7205-1225
E-Mail: newsroom.stuttgarterzeitung(at)stz.zgs.de
http://www.stuttgarter-zeitung.de