Westen unerwünscht
Afghanistan wird mutmaßlich in die Geschichte eingehen wie
Vietnam: als Sinnbild für den abermals gescheiterten Versuch des
Westens, sein eigenes Lebensmodell zu verteidigen, indem er dessen
Feinde fern der Heimat bekämpft. Den Schlusspunkt für den jüngsten
Krieg dieser Art hat nun Afghanistans Präsident Hamid Karsai gesetzt,
heißt seine Botschaft doch: Westliche Truppen sind am Hindukusch
fortan unerwünscht. Trotz der Fortschritte, die beim Aufbau des
Landes erreicht wurden, hat der Einsatz zumindest aus afghanischer
Sicht alle Vorurteile bestätigt, die Invasoren gemeinhin unterstellt
werden. Der Kampf gegen die Aufständischen hat zahllose Zivilisten
das Leben gekostet. Die Sympathien der Bevölkerung, so sie denn
vorhanden waren, sind verspielt. Die afghanische Regierung kann die
Präsenz der Truppen innenpolitisch nicht mehr rechtfertigen. Dass
Karsai sie nun vor die Tür setzt, mag den jüngsten Exzessen von
US-Soldaten geschuldet sein, doch es zeigt: Jene Ideen, von denen der
Westen annimmt, sie besäßen universelle Geltung, werden immer weniger
akzeptiert. Zurück bleiben Verlierer: gescheiterte Staaten, in denen
das Chaos regiert und die damit Terroristen gerade jenen Nährboden
bieten, der ausgetrocknet werden sollte. Geschlagene Staaten, die
Ressourcen für militärische Expeditionen vergeudet haben. Und Opfer,
deren Tod keine Regierung mehr als sinnvoll oder notwendig verkaufen
kann.
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Südwest Presse
Lothar Tolks
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